Naturschutzstation HerrenhaideAktuelles

Waldwissen vom Förster

3. Juni 2017

Reges Interesse zeigten die Burgstädter an diesem Samstag, da es doch um „ihr“ Wäldchen, das Schwarzholz, ging. So Mancher war verwundert und vielleicht auch erbost, als er sah, dass neben dem Sportplatz in Herrenhaide plötzlich „Kahlschlag“ gemacht wurde. Zu allem vermeintlichen Unglück waren auch noch die wenigen verbliebenen Bäume Opfer eines Sturms geworden und hatten dabei Zäune zerstört und Gehwege blockiert. Auch die Mitglieder der NABU-Gruppe Burgstädt hatten sich Waldumbau irgendwie anders vorgestellt und fürchten um den Wasserhaushalt ihres wertvollen Offenlandes.

Kurzum, es gab Erklärungsbedarf. Die glückliche Fügung hierbei ist, dass der zuständige Förster, Herr Wolfram Schmidt, selbst aktiver Naturschützer im Naturschutzbund, uns seit Jahren traditionell einmal im Jahr einen Einblick in forstwirtschaftliche Belange gibt und dabei geballtes Waldwissen vermittelt.

Bevor es ab durch die Hecke ging, stand noch ein wenig Theorie auf dem Lehrplan. Dazu hatte Herr Schmidt verschiedene Karten des Zielgebietes mitgebracht, die beispielsweise die Artenzusammensetzung, die Bodenbeschaffenheit, das Kleinklima und die Wasser- bzw. Nährstoffverteilung der enthaltenen Teilflächen zeigten. Allein die Kombination dieser Aspekte zeigt die vielfältigen Anforderungen an eine nachhaltige und ökologisch verträgliche Forstwirtschaft.

Mit freundlicher Genehmigung des Staatsbetriebes Sachsenforst und unter strenger Aufsicht des Försters durfte die inzwischen aufgeforstete Fläche vorsichtig betreten werden. Hier angekommen, stellte Herr Schmidt als Erstes klar, dass es sich bei diesem Holzeinschlag per Definition um keinen Kahlschlag handelt, da die hier bearbeitete Fläche für diese Bezeichnung zu klein ist. Für die teilnehmenden Naturschützer war es deshalb gewissermaßen nur ein gefühlter Kahlschlag. Anlass für diesen Einschnitt war der geplante Waldumbau vom Fichtenforst zum Mischwald und die Möglichkeit der Förderung als Ausgleichsmaßnahme.

Inzwischen sah man schon die unzähligen Eichensetzlinge sprießen, die hier unmittelbar nach der Beräumung eingebracht wurden – für den Laien ein recht monotoner Anblick. Herr Schmidt konnte aber die Wissenslücken der Teilnehmer schnell schließen und erklärte, dass die Eiche als Lichtkeimer etwa fünf Jahre Vorlaufzeit braucht, um nicht von anderen Gehölzen überwuchert zu werden. Nur so lässt sich kurzfristig eine Mischwald-Struktur etablieren.
Weitere interessante Aspekte traten förmlich zu Tage, als uns Herr Schmidt an verschiedenen Stellen Einblick in die Bodenschichten gab. Hier wurde recht deutlich, welch große Unterschiede bei der Zersetzung von Laub- und Nadelstreu vorhanden sind. Außerdem wurde klar, dass bei einer flach wurzelnden montanen Baumart, wie der Fichte, auf unseren wechselfeuchten Lössböden keine ausreichende Durchwurzelung möglich ist. Die vom Sturm entwurzelten Bäume zeigten das sehr deutlich.

Die Fichten-Monokulturen in Verbindung mit der ungeeigneten Standortwahl führten freilich zu weiteren Problemen. Schlecht durchwurzelte Bäume sind in den Sommermonaten großem Hitzestress ausgesetzt und begünstigten die Besiedlung durch verschiedene Borkenkäfer, wie beispielsweise den Buchdrucker oder den Kupferstecher. Mit einem Schnitt entlang der Wachstumsschicht legt Förster Schmidt hier die typischen Fraßgänge dieser Holzverwerter und den Rüsselkäfer selbst frei. Den Käfern aber die Schuld am Verlust zuzuweisen, wäre töricht, denn sie sind lediglich die Vollstrecker einer gewinnorientierten Forstwirtschaft.

Inmitten einer herkömmlichen Fichtenplantage erläutert Herr Schmidt das Für und Wider von Rückegassen, zeigt die Grenzen der Technik, aber auch die von Rückepferden auf. Das Ziel müsse sein, struktur- und artenreiche Wälder mit Gehölzen aller Altersstufen zu schaffen, die einen ausreichend hohen Totholzanteil enthalten. Nutzholz wird in künftigen Wäldern nur noch durch gezielte Einzelentnahmen erfolgen und somit eine ökologisch verträgliche und kontinuierliche Waldentwicklung ermöglichen.
Die NABU-Gruppe Burgstädt bedankt sich ganz herzlich beim NABU-RV Erzgebirgsvorland und beim Sachsenforst, insbesondere bei Herrn Wolfram Schmidt, für drei Stunden Fachwissen aus erster Hand. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir im nächsten Jahr wieder gemeinsam unseren Lebensraum Wald erkunden dürften.

Jens Schubert (Wald-Pate)


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